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Abschotten wie die Profis: 5 Tipps für das ideale Brandschott

von Michael Sauerwald

von Michael Sauerwald

19. Juli 2022

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Kennen Sie das Rezept für das ideale Brandschott?

Ich werde es Ihnen verraten. Doch zuvor gibts ein Rezept, dass Ihnen vermutlich gut bekannt ist:

Nehmen Sie eine große Portion komplizierter Vorschriften, mischen Sie das Ganze mit einer nahezu unüberschaubaren Vielfalt verschiedenster Produktnormen, und übergießen Sie es anschließend mit einem starren Regelwerk. Geben Sie nun einen großzügigen Spritzer Zeitdruck hinzu und garnieren Sie alles nach Belieben mit stetig wechselnden Anforderungen und unerwarteten Umplanungen. Jetzt nur nichts anbrennen lassen – et voilà! Fertig ist der deutsche Brandschutzalltag.

Auch wenn ich kein Küchenmeister bin, kann ich Ihnen versichern: An dieser Mischung beißt sich das Personal am Bau Tag für Tag die Zähne aus. Selbst alltägliche Aufgaben wie das Abschotten von Leitungsanlagen bereiten den Akteuren vor Ort mitunter große Bauchschmerzen.

Dabei ist die Lösung für viele Herausforderungen im Brandschutz – so werden Sie beim Lesen dieses Artikels feststellen – oft viel einfacher als gedacht. In diesem Fachbeitrag möchte ich Ihnen die Tricks und Kniffe der Brandschutzprofis verraten. Ich möchte Sie fit machen für einen modernen Brandschutz und Ihnen zeigen, wie Sie auch komplexe Anforderungen souverän meistern, damit Ihr nächstes Projekt ein voller Erfolg wird.

Koch Vector

Brandschutz Bolognese

Bevor mir die Küchenmetaphern ausgehen, möchte ich Ihnen gerne von einem kulinarischen Brandschutzerlebnis der besonderen Art berichten. Bei meiner Arbeit in der Projektunterstützung werde ich regelmäßig mit kreativen, jedoch technisch zumindest fragwürdigen Umsetzungen der Brandschutzanforderungen konfrontiert. Selbst wenn sich bei der Begehung herausstellt, dass das Kind bereits in den berühmten Brunnen gefallen ist, muss für gewöhnlich doch immer eine kurzfristige Lösung gefunden werden.

Das ist jedoch nicht immer so einfach zu realisieren, wie diese Wanddurchführung im Bestand zeigt: Die „Abschottung“ wurde über viele Jahre hinweg immer wieder von verschiedenen Firmen nachbelegt und dabei nicht ein einziges Mal ordnungsgemäß wieder instandgesetzt.

Auf dem Bild erkennt man den zweifelhaften Ist-Zustand bei der Begehung der Baustelle. Die Frage, ob da ein Fachmann am Werk war, stellt sich gar nicht. Die genaue Sachlage konnte bis heute nicht geklärt werden. Am besten Sie urteilen selbst.

So amüsant die Geschichte im ersten Moment erscheint, so zeit- und kostenintensiv fiel auch die Lösung des Problems aus:

Die Instandsetzung gestaltete sich alles andere als einfach, da die Säuberung der verschmierten Öffnung und der Kabel sowie der notwendige Rückbau einiger Leitungen einen erheblichen Mehraufwand darstellten. Letztendlich konnte eine zulassungskonforme Abschottung der vorhandenen Installationen mit zwei Wichmann Kabelboxen vom Typ WD90 hergestellt werden.

Bei jedem Brandschott ist die Planung entscheidend

Sie denken jetzt bestimmt: Das ist doch nur eine Ausnahme? Keineswegs! Ich stehe mit meinem Team regelmäßig vor ähnlich kuriosen Herausforderungen. Und ich bin mir sicher: Die meisten dieser Probleme würde es mit einer sachgemäßen und vor allem einer auf die Anforderungen des Gebäudes abgestimmten Planung gar nicht geben.

Doch vorausschauendes Handeln setzt zunächst voraus, dass man sich der Rahmenbedingungen bewusst ist. Genau an dieser Stelle offenbart sich bereits das größte Problem: Die Spielregeln des deutschen Brandschutzes umfassen tausende Seiten mit hunderten Paragrafen. Dass diese Litaneien auch oft noch in kompliziertem Juristendeutsch verfasst sind, macht die Situation für den Handwerker nicht leichter.

Damit Sie die größten Fehlerquellen ab sofort sicher umschiffen und kostspielige Bauverzögerungen im Vorhinein vermeiden, habe ich Ihnen diesen kurzen Leitfaden zum Nachschlagen erstellt. Das sind meine 5 Tipps für das ideale Brandschott.

1. Den richtigen Feuerwiderstand wählen

Zunächst einmal sollten Sie sich im Klaren darüber sein, welchen Feuerwiderstand die Abschottung benötigt. Das dürfen Sie sich nämlich nicht nach Gusto aussuchen, sondern ist gesetzlich eindeutig geregelt. Unabhängig vom Hersteller oder der Art des Abschottungssystems gilt immer, dass jede Brandabschottung im Brandfall „ausreichend lange“ feuerwiderstandsfähig sein muss. Das bedeutet, dass eine Abschottung im Brandfall den Raumabschluss und die Wärmeisolation mindestens genauso lange aufrechterhalten muss, wie die Wand oder Decke, in die das Abschottungssystem eingebaut werden soll.

Die Schlüsselworte und die Grundlage dieser Anforderung sind hier Raumabschluss und Wärmeisolation: Raumumfassende Bauteile wie Wände oder Decken müssen dort, wo dies innerhalb eines Gebäudes gefordert ist, ausreichend lange einem Brand standhalten. Eine nicht sachgemäß abgeschottete Öffnung in einer Wand oder Decke mit Installationen wie Kabeln und Leitungen würde im Brandfall also die Feuerwiderstandsfähigkeit des gesamten Bauteiles negativ beeinflussen.

Feuerwiderstand: S 30

Leistungszeit: 30 Minuten

(feuerhemmend)

Feuerwiderstand: S 60

Leistungszeit: 60 Minuten

(hoch feuerhemmend)

Feuerwiderstand: S 90

Leistungszeit: 90 Minuten

(feuerbeständig)

Die Klassifikation des Feuerwiderstands eines Bauteils richtet sich in Deutschland bisher nach der DIN 4102-2. Eine Kabelabschottung wird gemäß dieser Norm mit dem Buchstaben S sowie der Dauer des Feuerwiderstandes in Minuten gekennzeichnet. Ein Schott, das dem Feuer mindestens 90 Minuten standhalten wird, bekommt also die Kennzeichnung S90. Die Anforderungen an den Feuerwiderstand der Bauteile und Produkte werden nach der jeweiligen Leistungszeit in 30 Minuten, 60 Minuten und 90 Minuten angegeben. Welchen Feuerwiderstand ein Bauteil oder Produkt im Gebäude erreichen muss, richtet sich nach den Anforderungen der sogenannten Gebäudeklassen.

Diese Gebäudeklassen (GK) sind in Deutschland definiert durch die Musterbauordnung. Abhängig von der Größe und Nutzung des Gebäudes steigen die Anforderung an den baulichen Brandschutz beginnend bei GK1 bis hin zu GK5 stufenweise an. Sollten Gebäude aufgrund ihrer besonderen Nutzungsart oder ihren schieren Größe nicht in dieses Schema eingeordnet werden können, werden sie als Sonderbau wiederum separaten Regelwerken unterworfen. Innerhalb dieser Sonderbauvorschriften sind die Anforderungen an die Dauer des Feuerwiderstands der Bauteile jedoch stets die bekannten 30, 60 oder 90 Minuten.

GK1
GK2
GK3
GK4
GK5
S30 Brandabschottung (feuerhemmend)
S30 Brandabschottung (feuerhemmend)
S30 Brandabschottung (feuerhemmend)
S60 Brandabschottung (hoch feuerhemmend)
S90 Brandabschottung (feuerbeständig)
Freistehende Gebäude
Nicht freistehende Gebäude
Sonstige Gebäude
Sonstige Gebäude
Sonstige Gebäude
Höhe max. 7 m
Höhe max. 7 m
Höhe max. 7 m
Höhe max. 13 m
Keine Beschränkung der Höhe
max. 2 Nutzungseinheiten
max. 2 Nutzungseinheiten
Nutzungseinheiten nicht begrenzt
Nutzungseinheiten nicht begrenzt
Nutzungseinheiten nicht begrenzt
max. 400 qm gesamt
max. 400 qm gesamt
keine Begrenzung der Fläche
max. 400 qm pro Einheit
keine Begrenzung der Fläche
Land+Forstwirtschaftliche Betriebe
Unterirdische Gebäude

Im Zuge der europäischen Harmonisierung der Regelwerke wurden die nationalen bauaufsichtlichen Anforderungen der DIN 4102-2 entsprechend der europäischen Norm EN 13501-2 angeglichen. Die Feuerwiderstandsanforderungen hinsichtlich der Dauer sind dabei im Wesentlichen gleichgeblieben, lediglich die Klassifikation hat sich geändert. Beispielsweise wurde aus der Klassifikation S90 für Brandabschottung nun EI90. Dabei steht das E für den Raumabschluss (französisch: étanchéité) und das I für die Wärmeisolation (französisch: isolation). Das ist für den Anwender jedoch nur insofern interessant, als dass die Hersteller die Nachweise ihrer Produkte entsprechend anpassen und durch zusätzliche Dokumente erweitern mussten.

Sie sehen bereits an dieser Stelle: Ohne eine gewisse Kenntnis der Rechtsgrundlagen geht es nicht. Aber ich kann Sie beruhigen. Im direkten Vergleich zu den Herstellern der Abschottungen, benötigen Sie als Anwender nur einen generellen Überblick über das Brandschutzregelwerk. Welche Regeln für Sie als Errichter einer Brandabschottung praxisrelevant sind, werde ich Ihnen nachfolgend erklären.

2. Keine Angst vor Brandschutzparagrafen

Die geforderten Schutzmaßnahmen können nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn alle am Bau beteiligten Unternehmen die zugrundeliegenden Spielregeln verstehen und respektieren. Deswegen versuche ich in meiner Arbeit als Sachverständiger dem Personal vor Ort stets zu vermitteln, dass Brandschutz gar nicht so schwierig ist, wie es auf den ersten Blick scheint: Brandschutz ist zwar reglementiert, jedoch durchaus umsetzbar. Das Beispiel mit dem Bolognese-Brandschott zeigt allerdings auch deutlich, wie es nicht sein darf.

Ein kurzer Blick auf die Anforderungen hilft Ihnen bereits in den meisten Fällen, den rechtlichen Rahmen einzugrenzen. Von Bedeutung für Sie ist dabei grundsätzlich das in §14 der Musterbauordnung (MBO) definierte oberste Schutzziel. Dort heißt es:

“Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und in Stand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. “
§14 MUSTERBAUORDNUNG

Dieser Paragraf ist das Fundament für den gebäudetechnischen Brandschutz in Deutschland und wird Ihnen vielleicht sogar bereits bekannt sein. in Bezug auf das Abschottungsprinzip wird die MBO im §40 dann konkreter und beschreibt im Detail, was Sie bereits wissen:

“(1) Leitungen dürfen durch raumabschließende Bauteile, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist, nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lang nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen sind (...)“
§40 MUSTERBAUORDNUNG

Die Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVVTB) bzw. ihr im jeweiligen Bundesland eingeführtes Pendant konkretisiert im Anhang 4, Punkt 6 wiederum Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit der Kabel- und/oder Rohrleitungsdurchführungen. Des Weiteren ist hierin der Verweis auf den §16a (2) der MBO enthalten, der auf die Verwendbarkeitsnachweise der Produkte / Bauarten für Abschottungen hinweist.

“(2) Bauarten, die von Technischen Baubestimmungen nach § 85a Absatz 2 Nr. 2 oder Nr. 3 Buchstabe a) wesentlich abweichen oder für die es allgemein anerkannte Regeln der Technik nicht gibt, dürfen bei der Errichtung, Änderung und Instandhaltung baulicher Anlagen nur angewendet werden, wenn für sie
1.1 eine allgemeine Bauartgenehmigung durch das Deutsche Institut für Bautechnik oder
2.2 eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung durch die oberste Bauaufsichtsbehörde"
§16a (2) MUSTERBAUORDNUNG

Als Hauptregelwerk für die Abschottung von Leitungsanlagen wird grundsätzlich die Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen (Muster-Leitungsanlagenrichtlinie – MLAR, bzw. die in den Ländern jeweils konkret eingeführte LAR) herangezogen. Sie konkretisiert vor allem die Leitungsführung im Bereich der notwendigen Flucht- und Rettungswege sowie die Abschottung von Kabeln und Leitungen ohne herstellerspezifische Systeme. Die MLAR legt auch fest, dass normalerweise ein Schott mit Verwendbarkeitsnachweis verbaut werden muss.

Die wichtigsten Regelwerke für die Errichtung einer Brandabschottung:

  • Musterbauordnung (MBO) §14, 16a, 40
  • Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVVTB) Anhang 4 Punkt 6
  • Musterrichtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen (MLAR)
  • Verwendbarkeitsnachweis (Bauartgenehmigung) der Abschottung

Die gute Nachricht: Die bauordnungsrechtlichen Anforderungen sind für den Anwender als Errichter der Abschottung jedoch nicht von derartiger Bedeutung wie die herstellerspezifischen Verwendbarkeitsnachweise. Im Klartext heißt das: Wenn Sie wissen, wo das Schott eingebaut werden soll, gilt es für Sie nur, dass richtige Schott auszuwählen und gemäß des Verwendbarkeitsnachweises einzubauen.

3. Die Auswahl der passenden Brandabschottung

Kommen wir nun zum wichtigsten Punkt. Die Erfahrung zeigt eindeutig: Bereits die Auswahl des Abschottungssystems entscheidet maßgeblich über Erfolg oder Misserfolg bei der Errichtung einer ordnungsgemäßen Brandabschottung. Das passende Schott zu finden ist allerdings gar nicht so einfach, denn eine „One size fits all“-Lösung gibt es nicht. Die auf dem Markt verfügbaren Abschottungssysteme sind nicht generell für jeden Anwendungsfall geeignet.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Kabelabschottungen, Rohrabschottungen und der Kombination dieser beiden Varianten, den Kombiabschottungen. Innerhalb dieser Varianten gibt es wiederum unterschiedliche Arten, die für den jeweiligen Anwendungsfall besser oder schlechter geeignet sind. Sie können wählen zwischen Mineralfaserschotts, Mörtelschotts, Kabelboxen, Brandschutzschäumen, Brandschutzstopfen und Formblöcken, Brandschutzkissen, Modulschotts, Rohrisolierungen und Rohrmanschetten.

Damit Sie bei diesem immensen Angebot nicht den Überblick verlieren, lautet mein Tipp:

Machen Sie die Auswahl des Abschottungssystems stets vom individuellen Anwendungsfall abhängig.

In der Bestandssanierung ist die Umsetzung des Abschottungsprinzips häufig schwieriger, da hier nicht selten mehrere Errichterfirmen und unterschiedliche Gewerke über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte dieselbe Öffnung für unterschiedliche Leitungsführungen nutzen. Hier hilft dann oftmals nur der Rat eines erfahrenen Brandschutzexperten, denn die Vorschriften der Verwendbarkeitsnachweise sind auch hier zwingend. Der Hersteller des jeweiligen Schottsystems kann dabei Unterstützung leisten, denn dieser kennt die Möglichkeiten und Grenzen seiner Abschottung sehr genau. 

Auch wenn die Auswahl des richtigen Schottungssystems bei Neubauten erfahrungsgemäß etwas einfacher umzusetzen ist, da hier passende Systeme bereits gut in der Planungsphase berücksichtigt werden können, erleben wir innerhalb der Branche gerade ein Umdenken:

Wo früher frei nach dem Motto „nach mir die Sintflut“ viele Öffnungen in Wänden und Decken mehr oder weniger sorglos mit Mörtel fest verschlossen wurden, sind die Anforderungen an moderne Gebäude und alle Abschottungen darin heutzutage wesentlich komplexer.

Flexibel und nachhaltig - Das Brandschott mit Zukunft

Die vielen unterschiedlichen Leitungstypen, neue Konstruktionsarten für Wände und Decken, neue und veränderte Normen und Regelwerke wie beispielsweise die DIN 18015 für das Verlegen von Leerrohren in Wohngebäuden, aber vor allem auch der immer schnellere technologische Wandel erhöhen die Erfordernisse an flexible Abschottungen. Die Hersteller reagieren auf diese gestiegenen Anforderungen mit neuen und verbesserten Produkten und Systemen.

Des Weiteren setzt sich das Building Information Modeling (BIM) mittlerweile auch in der deutschen Baubranche durch. Beim BIM werden die Systeme innerhalb des Gebäudes besser aufeinander abgestimmt und funktionieren dann oft auch nur so wie sie geplant werden. Das Geplante kann anschließend allerdings nicht einfach durch jedes beliebige Produkt ersetzt werden, nur weil der „Das-haben-wir-immer-schon-so-gemacht-Handwerker“ dieses gerade im Koffer dabei hat. Hier ist von einigen Akteuren am Bau also auf kurz oder lang ein Umdenken erforderlich.

Wichmann Kabelbox WD90 Eckig

Von ganz maßgeblicher Bedeutung ist heutzutage der Punkt Nachhaltigkeit, denn die Anforderungen an eine Nachbelegung des Schotts sind nicht unerheblich: Bereits in der Bauphase werden viele Abschottungen mehrfach neu- und nachbelegt. Ein flexibles Abschottungssystem kann hier Abhilfe schaffen. Die Anforderung ergibt sich hier auch aus §3 der Musterbauordnung, der unter anderem die Anforderungen an eine Nutzungsänderung des Gebäudes regelt.

Grundsätzlich sollten Sie beachten: Da die Bauteilöffnungen durchaus von mehreren Gewerken und Errichtern zum Teil über mehrere Jahre zur Leitungsführung genutzt werden, sind ausführende Errichter oftmals gezwungen, das von ihrem Vorgänger bereits fertiggestellte Schott wieder zu öffnen und anschließend wieder instand zu setzen. Die Instandsetzung muss wiederum den Vorschriften der Verwendbarkeitsnachweise entsprechen, die wiederum vorschreiben, dass keine Materialien fremder Systeme verwendet werden dürfen.

Das kann sogar so weit gehen, dass eine einzige Abschottung bereits während der Bauphase mehrmals neu errichtet wird, weil die Koordination der planenden Seite und der ausführenden Gewerke nicht stimmt. Das Beispiel stammt nicht von ungefähr: Bei einer früheren Baustelle sind Kabelboxen erst dann zum Einsatz gekommen, als der Bauherr nach der Zwischenabnahme einen Schlussstrich gezogen hat, da innerhalb seines Gebäudes insgesamt 46 Abschottungen jeweils 18-mal (!) neu errichtet wurden. Wohlgemerkt vor der eigentlichen Inbetriebnahme des Gebäudes. Abhilfe können auch hier Schottsysteme schaffen, die flexibel nachgerüstet werden dürfen.

Die Art und auch die Anzahl der Kabel und Leitungen innerhalb des abzuschottenden Durchbruchs ist selbstverständlich ebenfalls entscheidend: Da in der Regel unterschiedliche Kabeltypen, Leerrohre, Bündel von Leitungen oder auch Sonderkabel wie Hohlleiter, Koaxialleiter, Lichtwellenleiter etc. abzuschotten sind, ist ein Blick auf den Verwendbarkeitsnachweis des Schottungssystems unausweichlich. Dieser beschreibt auch die Abstände zwischen den unterschiedlichen Leitungstypen innerhalb der Abschottung. Diese Verwendbarkeitsnachweise sind je nach Hersteller kostenlos im Lieferumfang und / oder online erhältlich und müssen im Zuge der Dokumentation dem Auftraggeber ausgehändigt, aber auch für mögliche Abnahmen vor Ort immer vorgehalten werden.

4. Der Einbau der Abschottung

Je nach dem für welches Abschottungssystem Sie sich entschieden haben, werden Sie beim Einbau mal mehr mal weniger Fallstricken ausweichen müssen. Grundsätzlich sollten Sie immer beachten, dass jede Bauteilöffnung zu maximal 60% mit Kabeln und Leitungen belegt werden darf. Die verschiedenen Schottungssysteme regeln im Bereich ihrer Verwendbarkeitsnachweise wiederum die Anordnung der Leitungen in Bezug auf Abstände und Durchmesser der Leitungen, um so die 60%-Regel einzuhalten.

Die 60%-Regel stammt aus einer Zeit, in der zum Verschluss der Bauteilöffnungen nur Mörtel und Mineralfaserplatten als Abschottungsmaterial zur Verfügung standen. Hiermit sollte sichergestellt werden, dass genügend Arbeitsraum zur Einbringung der Schottmasse vorhanden war, denn eine Überbelegung mit Kabeln kann zum Verlust der Feuerwiderstandsfähigkeit führen.

Die Einhaltung der Abstände und der daraus resultierenden Belegungsdichte innerhalb der Schottung ist also ein wesentlicher Bestandteil für die Aufrechterhaltung der Funktionsweise des Schotts im Brandfall. Heute existieren allerdings auch Schottungssysteme, die zu mehr als 60% belegt werden dürfen. Diese müssen jedoch entsprechend zugelassen sein. Beachten Sie bei diesen Systemen, dass eine Belegung von mehr als 60% wiederum mit Einschränkungen bei der Belegbarkeit (z.B. Kabeldurchmesser, Abstände zwischen den Leitungen) einhergehen kann.

Wichmann Kabelbox WD90 Gruppeneinbau

Entscheidend ist immer die Art und der konstruktive Aufbau des Bauteils, also der Wand oder der Decke. Abschottungen in Leichtbauwänden erfordern häufig zusätzliche Laibungen, Beplankungen oder Wechsel, damit die Konstruktion des Gesamtsystems im Brandfall stabil bleibt. Dieser Umstand ist zurückzuführen auf die Prüfnorm für die Abschottungen. Hier wird die Anforderung an die Dichte der Dämmung in der Wand (z.B. Mineralwolle) festgeschrieben.

Leichtbauwände nach Norm sind auf der Baustelle jedoch so gut wie nicht mehr vorzufinden. Dennoch können Abschottungen auch in andere Wände eingebaut werden, sofern sie in diesen Wänden geprüft wurden oder eben sofern in den Wänden eine entsprechende Laibung vorgesehen ist.

Generell sollten Sie auch stets die erforderlichen Abstände zu anderen Gewerken berücksichtigen. Planen Sie die Abschottung möglichst so, dass die aus dem Verwendbarkeitsnachweis ersichtlichen Abstände zu anderen Durchdringungen eingehalten werden können. In den modernen BIM-Planungstools können Abstände zwischen den unterschiedlichen Bauteildurchdringungen berücksichtigt werden.

Die Programme besitzen darüber hinaus eine Kollisionsabfrage. So kann bereits in der Planungsphase ausgeschlossen werden, dass Kabelwege mit Rohrleitungen kollidieren.

Hiernach sollen generell mindestens 10 cm bzw. 20 cm Randabstand zur nächsten Öffnung vorgesehen werden, dann sind die Anforderungen der Verwendbarkeitsnachweise erfüllt. Allerdings können auch hier Abweichungen zu den geforderten Abständen unkritisch sein, dazu kann der Hersteller der Abschottung Ihnen wieder beratend zur Seite stehen.

Innerhalb der Branche spricht man gerne von den sogenannten Randbedingungen: Sich nur auf den Verschluss der Öffnung zu konzentrieren, führt oft zu Mängeln, die die Abnahme des Schotts gefährden können. Problematisch ist dabei, dass die unterschiedlichen Gewerke im Regelfall nicht alle gleichzeitig auf der Baustelle sind.

Der Installateur für das Rohrleitungsgewerk nutzt die vorhandene Öffnung für seine Rohre, der Elektriker, möglicherweise erst Wochen später vor Ort, hat dann nur noch die Restöffnung für seine Kabel und Leitungen zur Verfügung und die Brandschutzfachfirma soll anschließend eine passende Brandabschottung finden, die für all diese unterschiedlichen Leitungen mit den geringen Abständen zueinander geprüft ist. Das ist für den gesamten Bauablauf überaus zeit- und kostenintensiv und manchmal schlichtweg nicht mehr möglich.

Insbesondere bei größeren Bauvorhaben zeigt die Erfahrung:

Eine frühzeitige Planung und Koordinierung der Gewerke schafft Abhilfe, sofern sich am Ende alle an den Plan halten. Aber auch hier können die Hersteller der Abschottungen Unterstützung leisten.

5. Die Haftung im Brandfall

Was passiert eigentlich, wenn es brennt und mein Schott nicht standhält? Diese Frage stellt sich das Personal vor Ort erfahrungsgemäß äußert ungern. Im schlimmsten Fall droht jedoch ein böses Erwachen: Die strafrechtliche Haftung im Brandfall ist dabei tatsächlich nur die Spitze des Eisbergs. Wurde nicht ordnungsgemäß gearbeitet, kann bereits die zivilrechtliche Haftung für nachträgliche Instandsetzungsmaßnahmen die Betroffenen schnell in finanzielle Schwierigkeiten stürzen. Auch in diesem Punkt spielt das verwendeten Abschottungssystem wieder eine entscheidende Rolle.

Ob ein Abschottungssystem den geforderten Feuerwiderstand erreicht, ist einerseits davon abhängig, ob sich das Schott unter den gegebenen Bedingungen überhaupt richtig einbauen lässt und andererseits natürlich auch von der qualitativen Leistung des Errichters. Letzterer muss die Abschottung den jeweiligen Anforderungen aus dem Verwendbarkeitsnachweis des Herstellers entsprechend einbauen und trägt daher immer die Verantwortung für die Funktionsfähigkeit im Brandfall.

Domino Stop

Berücksichtigen Sie daher stets die Besonderheiten der verschiedenen Schottsysteme: Einige Systeme müssen bereits im Kaltzustand vollständig durch den Errichter verschlossen worden sein. Andere Systeme sind im Kaltzustand offen und verschließen sich im Brandfall mithilfe eines integrierten Intumeszenz-Baustoffs selbsttätig. Wie die jeweilige Abschottung ordnungsgemäß eingebaut werden muss, damit sie im Brandfall funktionsfähig ist, erfahren Sie in den herstellerspezifischen Verwendbarkeitsnachweisen.

Grundsätzlich gilt jedoch: Der ausführende Errichter der Abschottung ist immer zur zulassungskonformen Errichtung verpflichtet und kann im Nachhinein auch für die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit der Abschottung im Brandfall mitverantwortlich gemacht werden. Der Errichter kann sowohl für ggf. erforderliche Nacharbeiten im Zuge der Abnahme als auch für Schäden durch nicht funktionsfähige Abschottungen nach einem Brandfall haftbar gemacht werden. Die Verantwortung trägt zwar auch der Gebäudebetreiber (vgl. hierzu §14 MBO), im schlimmsten Fall kann dem Handwerker jedoch eine Teilschuld nachgewiesen werden.

Fazit: Brandschott nach Erfolgsrezept

Die Planung, Ausführung und Abnahme unter Einhaltung aller notwendigen Regelwerke lässt den Brandschutz für viele Akteure am Bau oft als eine übermäßig komplexe Aufgabe erscheinen. Kein Wunder: beschäftigen sich viele Gewerke erfahrungsgemäß doch nur rudimentär mit der Thematik. Zeit ist bekanntlich Geld. Gerade deswegen besteht die geforderte Notwendigkeit, die Maßnahmen ordnungsgemäß umzusetzen, denn letztendlich stehen Abnahmetermine, Werte und vor allem auch die Sicherheit von Menschenleben auf dem Spiel.

In diesem Beitrag habe ich Ihnen gezeigt, dass Brandschutz funktioniert und wie Sie beim Abschotten von Installationen einen entscheidenden Teil davon richtig umsetzen können. Sie wissen nun, wie Sie Fallstricken ausweichen und wo Sie die entscheidenden Spielregeln nachschlagen können. Frei nach dem Motto „Sag mir wie ein Projekt beginnt und ich sage dir, wie es endet“, fallen die Würfel auch beim Brandschutz bereits in der Planungsphase.

Ein auf die Anforderungen des Gebäudes abgestimmtes Abschottungssystem erleichtert die bauliche Abnahme auf der Baustelle erfahrungsgemäß um ein Vielfaches. Das macht sich auch auf der Kostenseite bemerkbar, denn nachträgliche finanzielle Belastungen können bereits durch Instandsetzungsmaßnahmen aufgrund ungeplanter Umnutzung am Schott entstehen.

Ein ungeeignetes System, das zunächst noch günstig im Materialeinkauf schien, entpuppt sich über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes dann schnell als dauerhafter Kostentreiber. Handeln Sie hingegen analytisch, vorausschauend und nachhaltig, legen Sie damit ein sicheres Fundament für einen professionell umgesetzten Brandschutz.

Über den Autor

Über den Autor

Michael Sauerwald ist Brandschutzfachkraft, Fachplaner und Sachverständiger für vorbeugenden und gebäudetechnischen Brandschutz. Seit 2010 ist er als technischer Leiter für alle Wichmann Systeme im baulichen Brandschutz und als Projektleiter für den anlagentechnischen Brandschutz verantwortlich. Seine Schwerpunkte liegen in der Anwendungstechnik, im technischen Vertrieb sowie bei der Planung und Realisierung von Brandvermeidungs- und Brandmeldeanlagen. Weiterhin tritt er deutschlandweit als Dozent auf.

Michael Sauerwald

Über den Autor

Michael Sauerwald ist Brandschutzfachkraft, Fachplaner und Sachverständiger für vorbeugenden und gebäudetechnischen Brandschutz. Seit 2010 ist er als technischer Leiter für alle Wichmann Systeme im baulichen Brandschutz und als Projektleiter für den anlagentechnischen Brandschutz verantwortlich. Seine Schwerpunkte liegen in der Anwendungstechnik, im technischen Vertrieb sowie bei der Planung und Realisierung von Brandvermeidungs- und Brandmeldeanlagen. Weiterhin tritt er deutschlandweit als Dozent auf.

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