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Implementierung einer Sauerstoffreduktionsanlage: Die Voraussetzungen

von Michael Schultz

von Michael Schultz

30. August 2023

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Installation im Bestandsgebäude

Grundsätzlich gilt: Je dichter das Gebäude, desto geeigneter ist der Einsatz einer Sauerstoffreduktionsanlage. Auf den ersten Blick erscheint jedes Gebäude, welches Waren und Güter vor Wind und Wetter schützt, als dicht. Das Haus, die Wohnung, das Warenlager, die Produktionshalle, das Archiv – alles erscheint vorzüglich dicht zu sein. Es regnet nicht rein, Wind und Wetter bleiben draußen. 

Ein Differenzdruck-Messverfahren, auch Blower Door Test (BDT) genannt, gibt präzise Auskunft über die Luftdichtheit eines Gebäudes / eines Raumes und bestimmt die tatsächliche Luftwechselrate n50 

Bei bestehenden Gebäuden, die abgesichert werden sollen, ist die Enttäuschung häufig groß, wenn der zur Dichtheitsprüfung herangezogene Blower Door Test jede Menge Undichtigkeiten hervorbringt. Das fängt bei den Schlitzen unter den Türen an und endet in manchen Fällen bei den Steckdosen, die in Hohlbauwänden stecken oder deren Verkabelung in einem Leerrohr vorgenommen wurde. Klimakanäle, abgehängte Decken, aufgeständerte Fußböden und Rohr- und Kabeldurchführungen durch Wände birgen häufig nicht zu ignorierende Undichtigkeiten.  

Aber schon mal vorweg: Es muss kein Aquarium, kein absolut gasdichter Raum errichtet werden. Ein Raum mit einer akzeptablen Luftaustauschrate reicht völlig aus, um ihn effizient durch Sauerstoffreduktion vor einem Brandereignis schützen zu können. 

Der Ablauf eines Blower Door Tests

In Kombination mit einer Wärmebildkamera stellt der oben genannte Blower Door Test alle Undichtigkeiten im Schutzbereich fest. Zur Durchführung dieses Tests werden im Raum / der Halle oder dem gesamten Gebäude alle Öffnungen geschlossen. Nur eine Zugangstür bleibt offen. In diese Öffnung wird eine Kunststofffolie mit Hilfe eines Teleskoprahmens gespannt. In der Mitte der Folie befindet sich ein kreisrundes Loch, in welches ein großer Ventilator eingehängt wird. Zusätzlich werden in den zu messenden Raum Kapillare verlegt, die zur Messung von Luftdruckveränderungen dienen.   

Der Ventilator befüllt den Raum mit Luft, er pumpt ihn sozusagen auf. Dies geschieht so lange, bis ein Überdruck von +50 Pascal (Pa) erreicht ist. Die Zeit, die im Anschluss daran vergeht, um den Normaldruck wieder zu erlangen, gibt Aufschluss über die Dichtheit des Raumes bei Überdruck. Anschließend schaltet der Ventilator in den „Rückwärtsgang“. Er saugt Luft aus dem Raum heraus – bis ein Unterdruck von -50 Pascal erreicht ist. Und wieder lässt die Zeit, die vergeht, Rückschlüsse über die Dichtheit zu.  

Blower Door Test
In die Tür eingebauter Blower Door Ventilator

Die Messung erfolgt bei beiden Messzyklen in mehreren Schritten, z.B. in 5 bis 10 Pascal Schritten. Der Luftvolumenstrom wird in Abhängigkeit zum Gebäudedruck gemessen. Wie und in welchen exakten Schritten ein Blower Door Test ablaufen muss, ergibt sich aus der DIN EN 13829. Ein Messwert von z.B. 1 bedeutet, dass sich bei 50Pa Über-/Unterdruck die Luft in dem Gebäude / dem Raum einmal pro Stunde austauscht. Daraus ergibt sich folgende Schlussfolgerung:  

Handelt es sich um ein großes bis sehr großes Gebäude, sollte dieser Wert so klein wie möglich sein. Hier sind häufig drei Stellen hinter dem Komma erforderlich. Bei kleineren Gebäuden oder Räumen darf dieser Wert größer sein, da die Menge Luft, die sich austauscht, auch nur klein ist. In kleinen Serverräumen, Tresoren oder Laboren darf die Luftaustauschrate höher sein bzw. größere Werte (1 und größer) aufweisen. 

Warum ist die Luftaustauschrate so wichtig?

Bei der Brandvermeidungsmethode „Sauerstoffreduktion“ handelt es sich nicht um eine tatsächliche Reduzierung des Sauerstoffgehaltes in dem zu schützenden Objekt. Vielmehr wird die Relation des Gasgemisches „Luft“ durch Zuführung von vor Ort erzeugtem Stickstoff verändert. 

Wird einem Raum Stickstoff zugeführt, verändert sich die Ratio zwischen Stickstoff und Sauerstoff. Um eine brandvermeidende Atmosphäre zu schaffen wird also so lange Stickstoff zugeführt, bis das erforderliche bzw. gewünschte Gemisch erreicht ist (siehe Blogbeitrag Im Vergleich: Die 3 Techniken der Stickstofferzeugung)

Durch die zuvor beschriebene und im Blower Door Test festgestellte Luftaustauschrate gehen Teile der künstlich erzeugten Brandvermeidungsatmosphäre verloren. Es entstehen Leckagen. Die entweichende Luft muss daraufhin durch Nachführung von Stickstoff ersetzt werden.  

Je geringer die Luftaustauschrate, desto effektiver und wirtschaftlicher arbeitet die Sauerstoffreduktionsanlage. Auch die Größe der zu installierenden Anlage wird maßgeblich von der Luftaustauschrate, dem n50 Wert, bestimmt. 

Feststellen der Leckagen

Nach erfolgtem Blower Door Test ist nur die Gesamtleckage des Gebäudes, also die Summe aller Undichtigkeiten, in Form des n50 Wertes bekannt. An welchen Stellen sich die einzelnen Leckagen befinden und wie groß diese sind, ermittelt nun ein sogenannter Smoke Pin (Rauchstift) in Zusammenarbeit mit der Wärmebildkamera.  

Nach dem Ermitteln aller Leckagen gilt es festzustellen, ob und unter welchen Umständen diese beseitigt bzw. verschlossen werden können. Häufig sind viele kleine Maßnahmen erforderlich: 

Beispiele: 

  • neue Dichtungen in den Türzargen 
  • Absenkdichtungen unter Türen 
  • ein einfacher Türanschlag auf dem Boden 
  • raumkreuzende Klimakanäle können ein echtes Problem sein, da diese selten wirklich dicht sind und entweder für Frischlufteinträge sorgen oder aber die Schutzatmosphäre einfach absaugen 
  • Rohr- und Kabeldurchbrüche durch Wände sind häufig inadäquat verschlossen 
  • häufig sind auch die Wände selbst die größte Leckage. Diverse Baustoffe wie z.B. Porenbeton oder Ziegel sind hochporös und luftdurchlässig. Diese Wände lassen sich mit ISOLCOAT, einem lösungsmittelfreien weißem Anstrich aus Naturharz völlig gasdicht und absolut umweltfreundlich abdichten. ISOLCOAT kann in jeder gewünschten Menge bei Wichmann bestellt werden. 
  • in Rechenzentren oder Technik- und Serverräumen lohnt der Blick unter den doppelten Fußboden. In diesen Räumen findet ein reger Austausch von Servern, Klimatruhen und anderem Equipment statt. Ein derartiger Austausch ist häufig mit neuer Kabelführung verbunden. In den seltensten Fällen werden die neuen Mauerdurchbrüche dann wieder fachmännisch und dicht verschlossen. Das ist übrigens auch ein Problem bei Räumen, die mit einer Gas-Löschanlage ausgerüstet sind. Im Brandfall verschwindet das Löschmedium dann durch diese Durchbrüche und das Löschen findet durch die Einleitung des Löschgases nicht oder nur eingeschränkt statt.
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Türen und Tore

Alle Türen – egal ob Zugangstür oder Notausgangstür etc., müssen umlaufend abgedichtet sein. Wenn die Tür keinen Bodenanschlag hat, empfehlen sich selbstabsenkende Dichtungen in den Türblättern. Aus welchem Material die Tür selbst besteht ist unerheblich.  

Ein- und Auslagervorgänge in z.B. Hochregallägern oder Tiefkühllägern sind über Schleusen vorzunehmen. Jede Schleuse stellt einen separaten Raum im Lagergebäude dar und ist sowohl auf der Gebäudeinnenseite wie auch auf der Außenseite mit einem horizontal oder vertikal schließendem Schnelllauftor zu versehen. Bei der Wahl der Schnelllauftore ist unbedingt auf die Eignung für die Brandschutzmethode der Sauerstoffreduktion zu achten.  

Ihr Fachberater der Firma Wichmann nennt Ihnen gerne geeignete Fabrikate und steht Ihnen mit praxiserprobten Empfehlungen zur Seite. 

Klimaanlagen

Generell sollten Klimaanlagen im Umluft-Modus betrieben werden, um Frischlufteinträge zu vermeiden. Bei Klimaanlagen, die jedoch Frischluft in den Raum befördern, muss die exakte Menge des Frischlufteintrages bekannt sein.  

Eine Kalkulation stellt fest, ob die zur Herstellung der Schutzatmosphäre benötigte Stickstoffmenge unter Berücksichtigung aller wirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkte, vor Ort hergestellt werden kann. 

Installation im Neubau

Alle beschriebenen Maßnahmen und Bauzustände bezogen sich bisher ausschließlich auf bestehende Gebäude. Die Liste der möglichen Undichtigkeiten oder der zu ergreifenden Maßnahmen lässt sich beliebig fortsetzen.  

Wesentlich einfacher gestaltet sich die Implementierung einer Sauerstoffreduktionsanlage in einem Neubau. Ob Technik- oder Serverraum, Hochregallager, Archiv oder Tiefkühllager – i.d.R. lässt sich die benötigte Dichtigkeit durch Vorgabe des erforderlichen n50 Wertes als Bauleistung an das jeweilige Bauunternehmen vorgeben. Durch den rasanten Anstieg, der durch Sauerstoffreduktion abgesicherten Gebäude, sind viele Bauunternehmer mit den Anforderungen dieser einzigartigen Brandvermeidungstechnik mittlerweile bestens vertraut.  

In jedem Fall sollte ein Fachberater der Firma Wichmann im Vorfeld kontaktiert werden. Dieser nennt Ihnen einen n50 Richtwert für Ihr Gebäude. 

Unabhängig davon, welche Art von Schutzbereich abgesichert und egal welche Technologie zum Einsatz kommen soll – die Dichtigkeit des Gebäudes muss unbedingt im Fokus stehen. Sie bestimmt die benötigte Menge Stickstoff, die Größe sowie den Energiebedarf der Anlage und damit die mit der Anlage einhergehenden Kosten. 

Über den Autor

Über den Autor

Michael Schultz, ehemaliges Mitglied des Führungskreises in der Siemens AG, u.a. als Geschäftsführer und Bereichsleitung Gebäudetechnik, Vertriebsleitung Welt - Elektrotechnik. Der Betriebswirt ist seit 2009 als externer Berater tätig. Beim Aufbau ihres weltweiten Vertriebes für Sauerstoffreduktionsanlagen stand er beiden führenden Herstellern, sowohl Wagner GmbH, Langenhagen, wie auch Isolcell AG, Leifers - Italien maßgeblich zur Seite. Bei Fachfirmen und Anwendern weltweit ist er ein anerkannter Experte für „Brandvermeidung durch Sauerstoffreduktion“ – insbesondere in der Planung und Realisierung der Anlagen. Auf Messen und Fachforen tritt er regelmäßig als Referent auf.

Michael Schultz Porträt

Über den Autor

Michael Schultz, ehemaliges Mitglied des Führungskreises in der Siemens AG, u.a. als Geschäftsführer und Bereichsleitung Gebäudetechnik, Vertriebsleitung Welt – Elektrotechnik. Der Betriebswirt ist seit 2009 als externer Berater tätig. Beim Aufbau ihres weltweiten Vertriebes für Sauerstoffreduktionsanlagen stand er beiden führenden Herstellern, sowohl Wagner GmbH, Langenhagen, wie auch Isolcell AG, Leifers – Italien maßgeblich zur Seite. Bei Fachfirmen und Anwendern weltweit ist er ein anerkannter Experte für „Brandvermeidung durch Sauerstoffreduktion“ – insbesondere in der Planung und Realisierung der Anlagen. Auf Messen und Fachforen tritt er regelmäßig als Referent auf.

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